Abends halb zehn in Deutschland
Wir alle fühlen es, Corona verändert die Welt. Meine auch. Jeden Tag ein Stückchen mehr. Ihr wisst es, ich bin so ein Typ. Ernst, nachdenklich, mache mir gern Gedanken. Das finde ich, gehört dazu. Dann kann ich meine eigenen Gefühle besser wahrnehmen. Besser einschätzen. Auch in Bezug auf Corona. Ich höre mir an, was andere dazu sagen. Wie ich dazu stehe weiß ich aber selbst am besten. Unabhängig von den Gedanken anderer. So war es immer. Meine Gedanken liegen mir klar auf der Hand. Ohne lang darüber nachzudenken sind sie da. Schnell und offen wie ein offenes Buch. Ich mag das so. Unkompliziert.
Abends halb zehn in Deutschland
Corona aber ist kompliziert. Diese Zeit ist kompliziert. Für mich, für dich, für alle. Nicht nur das wir eingeschränkt leben. Mit Maske beim Einkaufen, mit Maske im Bus. An der Straßenecke mit Abstand. In der Schule mit Maske und offenem Fenster. Schnupfen vorprogrammiert. Der eine macht sich Gedanken, ob es richtig ist, eine Maske zu tragen. Der andere trägt sie einfach. Der eine fühlt sich unwohl in einer Umgebung, in der alle anders aussehen als noch vor einem Jahr, den anderen stört es überhaupt nicht. Eines aber haben wir alle gemeinsam. Corona verändert. Uns. Unsere Gedanken. Unsere Sorgen, unser Gemüt. Der eine kämpft um eine solide Zukunft. Der andere um seine Gesundheit. Der eine weiß nicht, wie er mit 6 oder 8 Menschen in einer 2 Zimmer Wohnung Quarantäne halten soll, der andere fühlt sich in seiner Stadt Villa einsam. Wir alle leiden. Und das haben wir gemeinsam.
Corona aber ist kompliziert
Wenn es denn aber tatsächlich so ist, dass man zusätzlich zu den Alltags Schwierigkeiten eine Corona Erkrankung erhält dann kommen noch ein paar sorgen dazu. Kann ein Körper, ein Geist, eine Seele allein das überhaupt wuppen? Ich bin ein positiv denkender Mensch. Ich mag das. Ich finde in allem eine wundervolle Kleinigkeit die toll ist.
Es gibt Streit zwischen den Geschwistern? Mega, dann lernen sie es für später.
Ich habe Angst, dass ich meine Job verliere. Gut. Dann kommt ein neuer Job.
Ich habe aktuell kaum Freunde, die ich treffen kann, ok. Dann nutze ich die Zeit für mich allein.
Go with the flow nenne ich es.
Es klappt gut. Meist. Nicht immer. Heute ist so ein Tag. Ich liege krank im Bett und leide. Leide irgendwie mehr als sonst. Habe eine dicke Nase, Halskratzen und Husten. Bin völlig alle. Am Ende meiner Kräfte nach einer langen Durststrecke nun auch noch krank. Die Durststrecke haben wir gewippt. Irgendwie. Mal mehr, mal weniger. Als Familie und allein. Jeder für sich. Die Kinder, mein Mann, Ich. Jeder trägt sein eigenes Päckchen. Jeder löst seines für sich. Manchmal miteinander. Manchmal allein. Nun aber liege ich hier und mache mir Sorgen. Ein kleiner Schnupfen. Ein Hals Kratzen oder doch Corona. Diese Sorgen allein reichen, um mir als Mutter Sorgen zu machen was mit den Kindern wäre, wenn ich tatsächlich ins Krankenhaus käme. Wenn mein Mann auch Schnupfen hat. Auch krank ist. Ist er. Er hat auch Fieber. Wir lassen die Kids den ganzen Tag Fernsehen gucken. Schwups da kommt ein Gefühl von: ich bin keine gute Mutter zu viel TV ist schlecht. Naja, geht halt nicht anders. Also mach ich auch da die besten Gedanken raus, die ich habe. Ist halt so. ab und an einen oder zwei oder drei volle Fernseh- Tage haben och keinem geschadet… die Kids schaffen das. Haben zwar seit Wochen keine Freunde gesehen, ging ja nicht. Die Große war 19 tage in Quarantäne. (was für eine fordernde Zeit. Für sie. Für die Schwester, für mich.) Aber sie schaffen das schon. Zeiten ändern sich. Nun liege ich hier und schnupfe vor mich hin, huste und mache eigentlich alles richtig ich ruhe mich aus. Ich halte mich mit Kontakten zurück. Seit Monaten. Bin vorsichtig und umsichtig. Gönne mir jetzt diese Auszeit. Braucht mein Körper sie ja, überlege aber ob ich nicht doch morgen mal beim Arzt anrufen sollte. Erstmal aber gehe ich ins Bad und schmiere mir dick Eukalyptus auf meine Bronchien. Das rieche ich immer so gern. Und da passiert es, dass ich mir ernsthaft Sorgen mache. Um meinen Körper. Ich rieche nichts. Rein gar nichts. Niente. Nada. Das fühlt sich komisch an. Nach einer langen Sprechstunde mit Dr. Google erfahre ich, das es eines der Haupt Zeichen einer Corona Infektion ist. Ich gehe ins Bett und kann nicht schlafen. Gedankenkarussel. Normalerweise nehme ich da Lavendelöl. Soll ich es auftragen, ohne dass ich es riechen kann? Bringt es dem Körper trotzdem was? Am Morgen ist die Entscheidung da, ich rufe mit meinem Mann die Stelle für Corona Untersuchungen an, wir informieren uns.
Der Mann hat Schnupfen und leichte Temperatur, ich habe Husten und Halskratzen, rieche nichts und wir beide fühlen uns wie durch den Fleischwolf gedreht. Nach einem langen Boxkampf. Einfach alle und erschöpft. Sie sagen, sie kommen. Kommen, um zu testen. Ein wenig mulmig ist mir nun doch. Aber gut. Nützt ja nix. Als es dann klingelt ist es nicht an der Tür, es klingelt das Telefon. Wir sollen bitte an die Straße kommen. Mit Maske. Gesagt, getan. Mit Maske und völlig übermüdet an die Straße und dort stehen sie. Voll vermummt. Inmitten einer Menschenmenge, die das Spektakel spannend findet. Kindergartenkinder, die von gegenüber alles beobachten, Autos, die vorbeifahren und aus dem Fenster direkt in unsere maskierten Gesichter blicken. Wir sollen Abstand halten. Uns umdrehen und in die anderer Richtung schauen. Der Abstrich findet blind statt. Ich frage mich wie sie das macht. Als ich fast spucken möchte und sie sagt, das wäre es nun wird mir klar, dass genau dieser Brechreiz das Zeichen ist, dass der Test gelungen ist.
Wir bleiben heute vorsorglich zuhause. Mit einem doofen Gefühl. Alle 4. Aber macht nix, wir schauen noch mehr fernsehen. Bald kennen wir alle Filme der Welt. Die Frage ist, geht das überhaupt? Oder kann man unendlich viel schauen. Wir spielen Lego, Karten und backen Unmengen an Keksen. Doof das sie niemand außer uns essen kann. Zur Abwechslung schicke ich die Kids auf die Terrasse. Hampelmänner machen. Frische Luft und Bewegung. Unser wichtigstes Gut. Fast genauso wichtig wie Rewe online Dienst oder wie sie alle heißen. Kann man dort eigentlich gut kaufen? Wenn man das Haus nicht verlassen darf schon, oder? Am Ende des Tages bin ich mir sicher, wird schon nix sein. ebenso sicher bin ich; wenn was wäre, wäre es irgendwie übel. Auch hier liegen Genie und Wahnsinn dicht beieinander.
Gut, dass es die Ergebnisse online zu sehen gibt. Morgens um 08:30 sind sie im Netz verfügbar. Am Morgen sind wir alle gespannt. Uns geht es besser. Viel besser als am Tag zuvor. Bedeutend besser als noch vor 2 Tagen. Aber ein wenig krank ist eigentlich krank, oder? Testergebnisse sind nicht da. Unter einem Haufen von zahlen fehlen 2. Unsere. Wie kann es anders sein. Am Mittag dann ein Anruf.
Sie sind mit Corona infiziert!
Bäm. Wie es weitergeht? Keine Ahnung. Eines ist sicher. Wir sind in Quarantäne. Wieder mal. Gut, dass es Kekse, Lego, Karten und Fernsehen gibt!
Pic by Jessica Broeckel
Sunita Ehlers, ist Expertin für Achtsamkeit. Yogalehrerin (E-RYT/AYA) & Ausbilderin von Yoga Ausbildungen, Meditationsleiter:innen Ausbildungen & Meditationsleiter:innen Ausbildungen. Yoga & Lifestyle Bloggerin und Podcasterin (Mindful Minds, dein Podcast für ein entspanntes Leben)
Ich liebe das Schreiben ebenso wie das Unterrichten. Ich sehe es als Ausdruck dessen, was mir am Herzen liegt. Authentizität und liebevoller Umgang sind mir genauso wichtig, wie soziale Verantwortung.
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