Angst und Sorge vor Corona
Bin ich eigentlich die Einzige? Die Einzige, die sich Sorgen macht die Kinder morgen zur Schule zu schicken; jetzt nach den Ferien? Die Zahlen steigen, es ist nachweislich das auch Kids erkranken können. Meine große Tochter soll, bzw. will ab morgen den ganzen Tag Mund- Nasenschutz tragen. Aus Angst, sich anzustecken. Viele der Mitschüler waren immerhin in den Ferien in Österreich, Berlin und anderen Risikoreichen. Maske tragen im Unterricht und in der Pause? Zum Teil bis zu 8 (!) Stunden. Ich bin mir sicher, das hat Auswirkungen. Seelisch, körperlich und schulisch! Ich mag noch gar nicht dran denken und suche nach Ausweg- Möglichkeiten. Bis jetzt ohne Erfolg. Hinzu kommt das Lüften! Wichtig? Ja! Eiskalt und konzentriert? Unmöglich! In meinen Augen grob fahrlässig den Kids gegenüber.
Meine Kleine hat morgen Schwimmen. sie haben – seit Corona – nicht die Möglichkeit, sich lang im Umkleideraum aufzuhalten. Das heißt, sie fahren mit nassen Haaren zur Schule zurück. Bei Wind und Wetter. Wenn ich sie vom schwimmen abmelde dann wird sie aufgeteilt, in eine andere Klasse. Auch das ist doch sup-optimal, oder täusche ich mich da?
Sich Sorgen machen ist per se nichts Schlechtes. Sich sorgen oder in Sorge sein um jemanden oder um jemandes Wohlergehen ist in dem Sinne ja eigentlich sogar etwas unglaublich Wertvolles. Sich selbst versorgen, sich um jemanden sorgen, andere versorgen. Sorgen an sich sind per se nichts Schlechtes. Das Problem aber, wenn sie zunehmen und unseren Alltag bestimmen. Corona bringt uns alle in unterschiedliche emotionale Situationen. Der eine macht sich Sorgen, der andere wird wütend, ein anderer verfällt in eine Art Lethargie. Jeder von uns steht vor ganz individuellen Problemen. Im Alltag, im Job, in der Familie. Der eine hat einen nahestehenden Menschen in einer Risikogruppe oder gehört gar selbst zur Risikogruppe, der andere hat Kinder, die er beschützen will oder Eltern, die somit auch zur Risikogruppe gehören, wenn einem bestimmten Alter angehörig. Der nächste hat Angst, seinen Job zu verlieren oder seine Mitarbeiter entlassen zu müssen, steht vielleicht schon auf der Straße oder ist kurz davor, sich arbeitssuchend melden zu müssen. Wenn es ganz schlimm kommt sorgen wir uns um alles zusammen. Gehören einer Risikogruppe an oder haben einen Angehörigen, der bereits an Corona erkrankt ist, können nicht arbeiten oder werden davon abgehalten, wissen nicht wie wir die nächste Miete oder Rate zahlen sollen oder müssen unser Unternehmen bankrott anmelden. Puh.
Das allerschlimmste kommt aber noch.
Die Menschen verändern sich, der eine verfällt in seinen Sorgen und bekommt regelrecht Panikattacken, der anderer kommt aus seiner Lethargie gar nicht mehr raus und wird depressiv, den nächsten bringt seine Wut zum übersprudeln. So verfallen wir in eine Art Gegeneinander die kaum auszuhalten ist, auf Dauer. Kennst Du das Phänomen, das Mütter sich gern über andere Mütter aufregen, nur damit sie selbst sich besser fühlen? So ähnlich fühlt es sich auch jetzt an. Wenn ich denke, diese Pandemie wird viel heißer gekocht als sie wirklich ist, überspiele ich die Gefühle derer, die sich Sorgen machen. Wenn ich mir Sorgen mache, entwickle ich ein extremes Unverständnis denen gegenüber, die alles zu locker nehmen und wenn ich bereits in einem tiefen Loch bin und kaum herauskomme entwickle ich eine Art Neid und Missgunst auf diejenigen bei denen augenscheinlich alles super läuft.
Doppelt Puh
Nicht nur wir erwachsenen, auch die Kinder verfallen in diese Art des Unversehens untereinander. Die einen leiden unter der Maske, die anderen stört sie kaum. Stell dich nicht so an. Die einen haben Angst um ihre Eltern oder Großeltern, andere haben diese bereits verloren. Den einen bekommt Homeschooling gut, den anderen nicht. Denn während der eine vielleicht die Zeit mit Mutter und Vater zuhause genießt hat der andere kein gutes Verhältnis zuhause. Während die einen Eltern Zeit haben, den Kindern mit Schule und Co zu helfen, müssen die anderen arbeiten und haben eben keine Zeit. Die Situation eskaliert und die Kids hängen vor dem TV, am liebsten den gesamten Tag. Oder dürfen sich den Schulstoff wie kleine Studenten alleine beibringen. Yeah.
Der eine kann’s, der andere nicht. Aber das ist ja fast schon egal, denn die Welt klafft auseinander. In mehrere Lager. In extrem unterschiedliche Lager.
Die Frage ist, muss das sein?
Kann nicht allgemein ein wenig mehr Verständnis entwickelt werden. Für alle. Für alle unterschiedlichen Lager und Optionen? Muss jeder seine Meinung auf eine extreme Art vertreten. Stur sein und daran festhalten und kein Verständnis für sein Gegenüber aufbringen? Warum fällt es so schwer, die Situation aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten? Warum können wir nicht einfach unserem Gegenüber zuhören und seine Sorgen und Ängste hören und wertschätzen und trotzdem eine eigene Meinung zu dem jetzigen Geschehen haben? Was ist daran verwerflich, anderes zu denken und zu fühlen als es eben von meinem Gegenüber erwartet wird. Warum erwartet mein Gegenüber eigentlich überhaupt wissen zu können was ich denke und fühle. Es ist mein Gefühl und nicht das von anderen.
Ich bitte Euch, lasst uns nicht auseinandergehen, sondern einen Schritt aufeinander zu. Lasst uns es unsern Kindern vorleben und ihnen nicht vermitteln das sie sich in der Schule zoffen und im Homeschooling langweilen. Lasst uns versuchen miteinander zu leben, andere Meinungen und Gedanken zu hören und auch ein wenig darüber nachzudenken. Denn wie so oft ist es doch das in jedem ein Fünkchen Wahrheit steckt.
Was meinst Du?
Sunita Ehlers, ist Expertin für Achtsamkeit. Yogalehrerin (E-RYT/AYA) & Ausbilderin von Yoga Ausbildungen, Meditationsleiter:innen Ausbildungen & Meditationsleiter:innen Ausbildungen. Yoga & Lifestyle Bloggerin und Podcasterin (Mindful Minds, dein Podcast für ein entspanntes Leben)
Ich liebe das Schreiben ebenso wie das Unterrichten. Ich sehe es als Ausdruck dessen, was mir am Herzen liegt. Authentizität und liebevoller Umgang sind mir genauso wichtig, wie soziale Verantwortung.
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